Konvention, Intention und Konstruktion. Die Stimmführungsparallelen in den Choralsätzen Johann Sebastian Bachs und Georg Philipp Telemanns

Musikalische Satzregeln reflektieren Erkenntnisse über die ästhetische Tragfähigkeit kompositorischer Stilmittel in spezifischen Kontexten. Die maßgebliche Quelle solcher Einsichten war ursprünglich der künstlerische Schaffensprozess mit seiner engen Beziehung zur konkreten, individuellen Situation....

Full description

Saved in:
Bibliographic Details
Main Author: Andreas Moraitis
Format: Article
Language:deu
Published: Gesellschaft für Musiktheorie (GMTH) 2011-01-01
Series:Zeitschrift der Gesellschaft für Musiktheorie
Subjects:
Online Access:https://storage.gmth.de/zgmth/pdf/652
Tags: Add Tag
No Tags, Be the first to tag this record!
_version_ 1832572052360396800
author Andreas Moraitis
author_facet Andreas Moraitis
author_sort Andreas Moraitis
collection DOAJ
description Musikalische Satzregeln reflektieren Erkenntnisse über die ästhetische Tragfähigkeit kompositorischer Stilmittel in spezifischen Kontexten. Die maßgebliche Quelle solcher Einsichten war ursprünglich der künstlerische Schaffensprozess mit seiner engen Beziehung zur konkreten, individuellen Situation. Allgemeine Regeln, die diese Bindung per definitionem ausblenden, bringen den Vorteil mit sich, dass über die Brauchbarkeit einer bestimmten Lösung nicht in jedem Fall aufs Neue entschieden werden muss; doch werden ihre Grenzen schnell deutlich, sobald die im Satz vorliegenden Bedingungen den üblichen Rahmen verlassen. Komponisten haben deshalb seit jeher Regelverletzungen in Kauf genommen, die teils zum Gegenstand neuer Systematiken geworden sind. Damit stellt sich zunächst die Frage, inwieweit etablierte Regelsysteme tatsächlich mit den überlieferten Werken in Einklang stehen. Die computergestützte Analyse eröffnet hier wegen ihrer im Vergleich zu herkömmlichen Verfahren deutlich höheren Effizienz neue Möglichkeiten. Für den vorliegenden Beitrag wurden fast 1000 spätbarocke Choralsätze im Hinblick auf verschiedene Arten von Stimmführungsparallelen untersucht; dabei konnten zahlreiche in der Literatur bislang nicht erwähnte Ausnahmen dokumentiert werden. Darüber hinaus zeigte sich, dass bestimmte innerhalb des Repertoires auftretende ›Regelmäßigkeiten‹ in einem weiteren Zusammenhang gesehen werden müssen als bislang angenommen, sodass die Begründung der betreffenden Lehrsätze hinterfragbar erscheint. Ähnliches gilt für Sachverhalte, die sich aus konstruktiven Prinzipien notwendig ergeben und daher dem intentionalen Einfluss entzogen sind.
format Article
id doaj-art-1f4f6cde5622450c92deebaef84775ba
institution Kabale University
issn 1862-6742
language deu
publishDate 2011-01-01
publisher Gesellschaft für Musiktheorie (GMTH)
record_format Article
series Zeitschrift der Gesellschaft für Musiktheorie
spelling doaj-art-1f4f6cde5622450c92deebaef84775ba2025-02-02T11:59:33ZdeuGesellschaft für Musiktheorie (GMTH)Zeitschrift der Gesellschaft für Musiktheorie1862-67422011-01-018342746410.31751/652652Konvention, Intention und Konstruktion. Die Stimmführungsparallelen in den Choralsätzen Johann Sebastian Bachs und Georg Philipp TelemannsAndreas MoraitisMusikalische Satzregeln reflektieren Erkenntnisse über die ästhetische Tragfähigkeit kompositorischer Stilmittel in spezifischen Kontexten. Die maßgebliche Quelle solcher Einsichten war ursprünglich der künstlerische Schaffensprozess mit seiner engen Beziehung zur konkreten, individuellen Situation. Allgemeine Regeln, die diese Bindung per definitionem ausblenden, bringen den Vorteil mit sich, dass über die Brauchbarkeit einer bestimmten Lösung nicht in jedem Fall aufs Neue entschieden werden muss; doch werden ihre Grenzen schnell deutlich, sobald die im Satz vorliegenden Bedingungen den üblichen Rahmen verlassen. Komponisten haben deshalb seit jeher Regelverletzungen in Kauf genommen, die teils zum Gegenstand neuer Systematiken geworden sind. Damit stellt sich zunächst die Frage, inwieweit etablierte Regelsysteme tatsächlich mit den überlieferten Werken in Einklang stehen. Die computergestützte Analyse eröffnet hier wegen ihrer im Vergleich zu herkömmlichen Verfahren deutlich höheren Effizienz neue Möglichkeiten. Für den vorliegenden Beitrag wurden fast 1000 spätbarocke Choralsätze im Hinblick auf verschiedene Arten von Stimmführungsparallelen untersucht; dabei konnten zahlreiche in der Literatur bislang nicht erwähnte Ausnahmen dokumentiert werden. Darüber hinaus zeigte sich, dass bestimmte innerhalb des Repertoires auftretende ›Regelmäßigkeiten‹ in einem weiteren Zusammenhang gesehen werden müssen als bislang angenommen, sodass die Begründung der betreffenden Lehrsätze hinterfragbar erscheint. Ähnliches gilt für Sachverhalte, die sich aus konstruktiven Prinzipien notwendig ergeben und daher dem intentionalen Einfluss entzogen sind.https://storage.gmth.de/zgmth/pdf/652Quint- und Oktavparallelenparallel fifths and octavesJ. S. BachChoralsatzCarl Philipp Emanuel BachchoralGeorg Philipp TelemannJohann Ludwig DietelGeorg Christian SchemelliThomas Danielverdeckte Parallelenindirekte ParallelenAntiparallelenhidden parallelsindirect parallelsantiparallels
spellingShingle Andreas Moraitis
Konvention, Intention und Konstruktion. Die Stimmführungsparallelen in den Choralsätzen Johann Sebastian Bachs und Georg Philipp Telemanns
Zeitschrift der Gesellschaft für Musiktheorie
Quint- und Oktavparallelen
parallel fifths and octaves
J. S. Bach
Choralsatz
Carl Philipp Emanuel Bach
choral
Georg Philipp Telemann
Johann Ludwig Dietel
Georg Christian Schemelli
Thomas Daniel
verdeckte Parallelen
indirekte Parallelen
Antiparallelen
hidden parallels
indirect parallels
antiparallels
title Konvention, Intention und Konstruktion. Die Stimmführungsparallelen in den Choralsätzen Johann Sebastian Bachs und Georg Philipp Telemanns
title_full Konvention, Intention und Konstruktion. Die Stimmführungsparallelen in den Choralsätzen Johann Sebastian Bachs und Georg Philipp Telemanns
title_fullStr Konvention, Intention und Konstruktion. Die Stimmführungsparallelen in den Choralsätzen Johann Sebastian Bachs und Georg Philipp Telemanns
title_full_unstemmed Konvention, Intention und Konstruktion. Die Stimmführungsparallelen in den Choralsätzen Johann Sebastian Bachs und Georg Philipp Telemanns
title_short Konvention, Intention und Konstruktion. Die Stimmführungsparallelen in den Choralsätzen Johann Sebastian Bachs und Georg Philipp Telemanns
title_sort konvention intention und konstruktion die stimmfuhrungsparallelen in den choralsatzen johann sebastian bachs und georg philipp telemanns
topic Quint- und Oktavparallelen
parallel fifths and octaves
J. S. Bach
Choralsatz
Carl Philipp Emanuel Bach
choral
Georg Philipp Telemann
Johann Ludwig Dietel
Georg Christian Schemelli
Thomas Daniel
verdeckte Parallelen
indirekte Parallelen
Antiparallelen
hidden parallels
indirect parallels
antiparallels
url https://storage.gmth.de/zgmth/pdf/652
work_keys_str_mv AT andreasmoraitis konventionintentionundkonstruktiondiestimmfuhrungsparallelenindenchoralsatzenjohannsebastianbachsundgeorgphilipptelemanns