Synchron und diachron. Zum Zusammenhang zwischen Kontrapunkt und Prozessualität in romantischer Formensprache
Der Beitrag untersucht die für romantische Formensprache etablierte Theorie der ›organischen Form‹ (›organic metaphor‹). ›Organische Form‹ wird implizit wie explizit mit metaphorischen Konnotationen verwendet, die in der Anwendung auf die Werkanalyse Voreinstellungen mit sich bringen. Damit einher g...
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Format: | Article |
Language: | deu |
Published: |
Gesellschaft für Musiktheorie (GMTH)
2015-01-01
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Series: | Zeitschrift der Gesellschaft für Musiktheorie |
Subjects: | |
Online Access: | https://storage.gmth.de/zgmth/pdf/803 |
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Summary: | Der Beitrag untersucht die für romantische Formensprache etablierte Theorie der ›organischen Form‹ (›organic metaphor‹). ›Organische Form‹ wird implizit wie explizit mit metaphorischen Konnotationen verwendet, die in der Anwendung auf die Werkanalyse Voreinstellungen mit sich bringen. Damit einher geht eine unscharfe Überblendung von Produktions- und Rezeptionsästhetik sowie eine seit den Anfängen klassisch-romantischer Formenlehre fast selbstverständliche Abkehr des Interesses von kontrapunktischen Techniken, die der Illusion spontaner Einfälle und natürlicher Prozesse zuwiderlaufen können. An Hand dreier Einzelanalysen aus Werken von Schumann, Brahms und Mendelssohn unter der begleitenden kritischen Lektüre von Johann Christian Lobes Lehrbuch der musikalischen Komposition werden Fälle von Prozessualität herausgearbeitet, deren Verlauf und Dramaturgie sich der herkömmlichen Metaphorik von ›organischer Form‹ entziehen, obwohl sie als musikalischer Funktionszusammenhang vollkommen intakt sind.
This article discusses ‘organic metaphor’, a well-established theory of form with regard to the Romantic idiom. ‘Organic form’ is implicitly and explicitly used with metaphorical connotations that imply a preselection when applied to musical analysis. This goes hand in hand with a diffuse blending of the aesthetics of production and reception, as well as with an almost matter of course renunciation of contrapuntal techniques, typical of the Classic-Romantic Formenlehre, which could conflict with the illusion of spontaneous inspiration and natural processes. Analyses of three works by Schumann, Brahms and Mendelssohn together with a critical reading of Johann Christian Lobe’s Lehrbuch der musikalischen Komposition are used to demonstrate cases of processuality, whose development and dramaturgy defy the conventional imagery of ‘organic form’ despite remaining completely intact as musically functional contexts. |
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ISSN: | 1862-6742 |